Veste Pyrmont

Veste Pyrmont

Veste Pyrmont und ein erstes Weserrenaissance-Schloss

Damit war der Grundstein zum Aufbau eines neuen zentralen herrschaftlichen Zentrums im Jahre 1526 außerhalb des Paderborner Einflussbereichs gelegt. Es entstand im sogenannten „Speckholtz“, einem sumpfigen und morastigen Gelände in der unmittelbareren Nähe zu den bekannten Heilquellen auf dem heutigen Pyrmonter Brunnenplatz eine großräumige Festungsanlage, die einige Jahre später zwischen 1556 und 1562 mit einem dreigeschossigen Residenzschloss im Stil der Weserrenaissance ausgebaut wurde.

Bereits im Jahre 1512 war der Stammsitz der Grafen von Spiegelberg im östlich von Hameln gelegenen Coppenbrügge, eine im späten 13. Jahrhundert erbaute und mit hohen Ringmauern und Wallanlagen ausgestattete Wasserburg, zu einer zeitgemäßen Festungsanlage nach italienischem Vorbild umfunktioniert worden.

Die hier gewonnenen Erfahrungen im Festungsbau veranlassten Graf Friedrich von Spiegelberg, auch die „Veste Pyrmont“ in „fortschrittlicher“ italienischer Bauweise anlegen zu lassen, um so genügend Schutz vor den sich in dieser Zeit erheblich weiter entwickelnden Feuerwaffen bieten zu können. Es entstand eine weiträumig angelegte Festungsanlage mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie einer Eckbastion an der Nordostseite, die von einer etwa 40 Meter breiten Graft umgeben war und auch als Zufluchtsort für die Bewohner der umliegenden Dörfer in kriegerischen Zeiten diente.

Es wurde eine beinahe quadratische Festungsanlage angelegt, die über eine Länge von etwa 230 m und nahezu 180 Meter Breite verfügte und nur über eine hölzerne Klappbrücke mit einem daneben verlaufenden Fußgängersteg, ebenfalls mit Klappbrückenvorrichtung ausgestattet, aus südlicher Richtung her zu erreichen war. Ein enger Torbau bildete den Eingang zu einem tonnengewölbten und zum Schutz gegen direkten Beschuss und freier Sicht abgeknickten Zugang zum Inneren der Festung, dessen großer Innenhof von beinahe 6 Meter hohen Wallmauern aus Rotsandstein begrenzt wurde.

Die an der Ost- und Westseite des Innenhofes befindlichen Kasematten waren durch Toröffnungen zu erreichen, die westlichen sind heute durch Belagerungszustände während des Dreißigjährigen Krieges verschüttet. Die Eckbastion an der Nordostseite der Festung ist mit einem unterirdischen Durchgang verbunden, von dem ein geknickter Stollen auf den Festungswall abzweigt. Zwei kleinere Gänge führen von hier zusätzlich zu gewölbten Kammern für Handfeuerwaffen, die zur Flankensicherung der in der Eckbastion aufgestellten Kanonen und Geschütze dienten.

Nach dem Tod von Graf Friedrich von Spiegelberg übernahm sein zunächst noch unmündiger Sohn Philipp (1530-1557) die Regentschaft in der Grafschaft Spiegelberg und Pyrmont. Der am Hof des Landgrafen von Hessen Kassel erzogene Graf Philipp begann 1557, ein Jahr nach dem berühmten Pyrmonter Wundergeläuf, als der Überlieferung nach bis zu 10 000 Heilungssuchende aus ganz Europa in das Pyrmonter Tal zu der hier entspringenden „Wunderquelle“ pilgerten und so die gräfliche „Chatoulle“ erheblich bereicherten, mit dem Bau eines dreigeschossigen Schlosses im Stil der Weserrenaissance. 

Die Fertigstellung dieses ersten Pyrmonter Schlosses erlebte Graf Philipp von Spiegelberg nicht mehr, er starb mit jungen Jahren am 10. August 1557 in englisch-französischen Kriegsauseinandersetzungen in der Schlacht von St. Quentin in Frankreich. Das Schloss wurde 1562 durch seinen Schwager Hermann Simon zur Lippe (1536-1576), der Ehemann seiner Schwester Ursula, weiter verändert und auch vollendet.

Aufgrund der gegensätzlichen Auffassungen in der Erbfolge entbrannten im Sommer 1583 heftige Auseinandersetzungen zwischen dem Grafenhaus von Gleichen und dem Bistum Paderborn, die versuchten, das Schloss sowie die gesamte Grafschaft Pyrmont mit Waffengewalt in ihren Besitz zu bringen.

In der Grafschaft Pyrmont regierten nach den Grafen zur Lippe (1558-1583) die Grafen von Gleichen (1583-1625), die dann im Jahre 1625 die Grafschaft Pyrmont an die gräflichen Brüder Christian und Wolrad zu Waldeck übergaben.


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