Museumsarbeit steht immer im Spannungsfeld zwischen Bewahrungspflicht, Vermittlungsanspruch und strukturellen und finanziellen Ressourcen. Ziel des Museums im Schloss ist es, eine fachlich angemessene Balance zwischen dem Schutz und der Nutzung der Sammlungsobjekte zu erreichen, wobei der Schutz und Erhalt aller Sammlungsobjekte und Leihgaben, etwa für Sonderausstellungen, stets Priorität hat.
Das wichtigste Grundprinzip der Sammlungspflege ist die Sorgfaltspflicht. Alle Mitarbeiter sind zu einem ordnungsgemäßen, umsichtigen und aufmerksamen Umgang mit der Sammlung verpflichtet. Dazu gehört auch der stetige Austausch unter den Mitarbeitern und der Museumsleitung, um die Sammlungspflege kontinuierlich zu verbessern und mögliche Probleme so schnell wie möglich zu erkennen und zu beheben.
1. Ausstellungs- und Depotsituation
Die Ausstellungs- und Depotsituation ist sehr unterschiedlich zu bewerten und bedarf verschiedener Maßnahmen. Alle Räume des Museums (Ausnahme ist ein Lagerraum für weniger empfindliches und wertvolles Sammlungsgut, der möglichst bald abgegeben werden soll) befinden sich in den historischen Räumen des Schlosses Pyrmont. Diese historischen Räumlichkeiten sind nicht für museale Zwecke konzipiert worden und entsprechend in vielen Bereichen, vor allem was die Klima und Lichtsituation betrifft, problematisch (z. B. keine Isolierung, einfach verglaste Fensterfronten etc.). Grundlegende bauliche Veränderungen sind zum einen aufgrund des Denkmalschutzes nur eingeschränkt möglich. Außerdem ist das Staatliche Baumanagement Weser-Leine für die Liegenschaft verantwortlich. Das Museum kann insofern nur einen Bedarf anmelden, hat aber keinen Einfluss auf die Umsetzung.
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass es bis dato in keinem der Museumsräume eine langfristige Klimaüberwachung gab. Das Museum bemüht sich in der Zukunft im Rahmen der möglichen finanziellen und personellen Ressourcen um eine kontinuierliche Dokumentation der Klimadaten als Grundlage für ein mögliches Handeln.
Folgende räumliche Besonderheiten sind gegeben:
- Dauerausstellung im EG: Dieser Ausstellungsbereich bietet die besten Voraussetzungen für die Sammlung. Aufgrund der geschützten Lage in der Festungsanlage schwankt die Raumtemperatur hier verhältnismäßig wenig. Die Beleuchtung erfolgt über LED-Lampen, und die Fenster wurden mit UV-Folie beklebt, sodass auch die Lichtsituation angemessen ist. Problematisch sind hier die Vitrineneinbauten aus MDF. Die Objekte in der Dauerausstellung werden insofern regelmäßig auf mögliche Veränderung kontrolliert.
- Beletage mit Sonderausstellungen im 1. OG: Die Beletage ist durch die großen einfach verglasten Fensterfronten Richtung Süden besonders von einer starken Wärmeentwicklung und Lichteinstrahlung betroffen. Dies wird bei der Planung von Sonderausstellungen entsprechend berücksichtigt. Die Wandbespannungen (nicht historisch) weisen starke Lichtschäden auf und müssend dringend erneuert werden. Das Baumanagement ist informiert.
- Studiogalerie 2. OG: Aufgrund der Ausrichtung nach Norden und kleiner Fenster kann die Studiogalerie gut für die Präsentation von Objekten genutzt werden. Einzige Einschränkung ist hier die fehlende Alarmsicherung.
- Hauptdepot 2. OG: In diesem Depot lagern die wertvollsten und empfindlichsten Objekte des Museums. Der Raum ist durch seine Ausrichtung nach Nordwesten klimatisch verhältnismäßig stabil. Die Fenster werden mit Jalousien verdunkelt. Pulverbeschichtete Plan- und Hochschränke sind vorhanden. Hauptproblem ist hier der akute Platzmangel.
- Lagerraum 2. OG: Dieser Raum ist aufgrund seiner Ausrichtung nach Nordosten klimatisch ebenfalls verhältnismäßig stabil. In pulverbeschichteten Hochschränken lagern hier Altdrucke und Dias. Problematisch ist, dass dieser Raum auch anderweitig genutzt wird und als Fluchtweg dient.
- Lager Dachboden: Hier sind die Klimaschwankungen besonders extrem. Dennoch wird der Dachboden aufgrund akuten Platzmangels als Depot genutzt.
- Außenlager Waisenhof: Hier lagern vor allem verhältnismäßig unempfindliche Objekte, da der Raum weder unter klimatischen noch unter Sicherheitsaspekten als Depot geeignet ist, jedoch aufgrund des Platzmangels benötigt wird.
2. Maßnahmen zur Sammlungspflege
- Schaffung bestmöglicher Sicherheitsvorkehrungen gegen Beschädigung und Diebstahl in Ausstellungs- und Depoträumen:
Nur fachlich qualifizierte Museumsarbeiter haben Zugang zu den Sammlungen. Externe Personen dürfen nur unter Aufsicht der entsprechenden Mitarbeiter mit Sammlungsobjekten umgehen. Die Dauerausstellung, der Kassenbereich, die Beletage, das Hauptdepot und die Büroräume des Museums sind außerhalb der Öffnungszeiten alarmgesichert. Im Falle eines Einbruchs wird automatisch die Polizei alarmiert. Während der Öffnungszeiten erfolgt außerdem ein akustisches Warnsignal im Kassenbereich, sobald Türen oder Fenster geöffnet werden. Ein Raum der Beletage und die Studiogalerie sind nicht alarmgesichert. Da diese Räume für Sonderausstellungen genutzt werden, ist dies bei der Ausstellungsplanung entsprechend zu berücksichtigen. Ein entsprechender Versicherungsschutz ist für die eigene Sammlung und die Sonderausstellungen über das Immobilienmanagement der Stadt Bad Pyrmont gewährleistet.
Die Alarmanlage ist jedoch in die Jahre gekommen. Immer häufiger auftretende Defekte sind nur noch schwer zu beheben, da entsprechende Ersatzteile knapp sind. Das Immobilienmanagement der Stadt Bad Pyrmont wird sich langfristig in Absprache mit dem Staatlichen Baumanagement Weser-Leine um eine neue Anlage mit mindestens gleichwertigem Schutz bemühen. Wünschenswert wäre dabei eine Ausweitung auf weitere Räumlichkeiten. Eine ebenfalls wünschenswerte Aufsicht in den Ausstellungsräumen ist aufgrund der aktuellen Personalsituation nicht zu leisten.
- Verbesserung der Ausstellungs- und Depotsituation:
Die räumlichen Gegebenheiten sind für die Bewahrung und Ausstellung von Exponaten in vielen Fällen zumindest problematisch. Bei allen Bemühungen um die Verbesserung der Situation sind die knappen finanziellen und vor allem personellen Ressourcen eine besondere Hürde. Dennoch steht die Museumsleitung bereits im Austausch mit der Stadtverwaltung, dem Baumanagement und dem Kuratorium Schloss, um mögliche neue geeignete Depoträume für das Museum zu bekommen.
In den drei Lagerräumen befindet sich neben den Sammlungsstücken auch noch anderes Lagergut. Die Lagerräume werden nach und nach von dem technischen Mitarbeiter und der Museumsleitung durchgesehen, um möglichst viel Unnötiges zu entsorgen. Dabei soll auch überlegt werden, welche Sammlungsobjekte ggf. abzugeben sind (vgl. Sammlungskonzept). Auf diese Weise soll mehr Platz geschaffen werden, um die Objekte besser zu sortieren und zu lagern.
Die Fenster des Schlosses, vor allem ab dem 1. OG aufwärts, befinden sich in einem zum Teil existenzbedrohenden Zustand. Das Museum hat das Baumanagement bereits mehrfach darauf hingewiesen. Aktuell bemüht sich das Baumanagement um die Bereitstellung finanzieller Mittel zur Sanierung der Fenster. In diesem Zusammenhang wäre ein zusätzlicher Schutz etwa durch Vorsatzfenster oder zumindest durch UV-Folie wünschenswert.
Darüber hinaus soll eine kontinuierliche Verbesserung der sachgerechten Verpackung und Lagerung der Sammlungsstücke erfolgen. Nicht geeignete Materialien sollen ausgetauscht und durch museumsgerechte ersetzt werden, dabei soll besonderer Wert auf den Schutz vor Staub und Schmutz gelegt werden.
- Laufende Überwachung und Kontrolle
Der Zustand der Objekte wird jeweils bei dem Eingang in die Sammlung kontrolliert. Auffälligkeiten werden vermerkt. Wenn möglich, werden Neuzugänge zunächst in Quarantäne aufbewahrt, um einen möglichen Schädlingsbefall festzustellen.
Die kontinuierliche Überwachung der Sammlung erfolgt durch alle Mitarbeiter, die mit der Sammlung arbeiten. Alle Kontrollen erfolgen insbesondere in Bezug auf Schädlingsbefall, Veränderungen, die durch klimatische Bedingungen hervorgerufen werden können und neue mechanisch verursachte Defekte. Auffälligkeiten werden umgehend im Team besprochen und fotografisch dokumentiert. Wenn notwendig, wird ein externer Restaurator hinzugezogen.
Wenn es die personelle Situation zulässt, sollen darüber hinaus eine turnusmäßige Prüfung der Sammlung eingerichtet sowie Insektenfallen aufgestellt werden. Die Wartung der technischen Anlagen des Gebäudes obliegt dem Hausmeister der Schlossinsel.
- Sonstiges
Die für die Sammlungsbestände zuständigen Mitarbeiter nehmen auch über das Verfahren des Museumsgütesiegels hinaus an Fortbildungsveranstaltungen zu konservatorischen Themen teil und tauschen sich zudem mit Restauratoren bei allen in der täglichen Arbeit mit dem Sammlungsgut auftauchenden Fragen aus.
Die Reinigung der Museumsräume erfolgt durch eine Fremdfirma, jedoch stets durch dieselben Personen. Diese wissen um die Besonderheit der Räumlichkeiten. Dieser Standard muss auch in Zukunft beibehalten werden. Die Reinigung von Objekten und Depoträumen erfolgt durch das Museumspersonal.
Die Mitarbeiter sind gehalten darauf zu achten, das Klima in den Museums- und Depoträumlichkeiten möglichst konstant zu halten. Es soll in den Ausstellungsräumen des Museums möglichst nicht gelüftet werden und falls dennoch gelüftet wird, nur zu Zeitpunkten, in denen es konservatorisch weitgehend unbedenklich ist. Mit Blick auf die Vermeidung von Klimaschwankungen und der Zirkulation von Staub sind möglichst alle Türen des Magazins geschlossen zu halten. Um eine weitgehende Staubfreiheit zu gewährleisten, sind die Räume des Depots regelmäßig zu reinigen.
Aktuell wird ein neues Brandschutzkonzept für die Schlossinsel erarbeitet. Im Zuge dessen soll versucht werden mit der Feuerwehr ein Konzept zur Sicherung der Sammlung im Brandfall zu erarbeiten.
3. Gültigkeit des Sammlungspflegekonzepts
Das vorliegende Sammlungspflegekonzept wurde von Melanie Mehring und Alexander Frede 2020 verfasst und mit den Museumsmitarbeitern besprochen. Es wurde mit der Verwaltung und der Lokalpolitik abgestimmt und im Kultur- und Sportausschuss am 8. September 2020 einstimmig verabschiedet. Das Sammlungspflegekonzept wird regelmäßig von der Museumsleitung überprüft und ggf. angepasst. Das Konzept ist gültig bis zur Erneuerung des Museumsgütesiegels 2027.